Autophagie oder Autophagozytose (von altgriechisch autós „selbst“, phagein „fressen“ und cýtos „Zelle“) ist einer der wichtigsten Prozesse im menschlichen Körper, um die Zellen gesund und leistungsfähig zu halten. Es ist eine Art Selbstverdauungsprogramm, das die Zellen reinigt und entgiftet.
Inhaltsverzeichnis
Was ist Autophagie?
Was bewirkt Autophagie?
Mit dem Prozess der Autophagie bauen unsere Körperzellen eigene unbrauchbare Bestandteile, wie z. B. fehlgefaltete Proteine und beschädigte Zellbestandteile ab. Unsere Zellen verwerten diese, um neue Bausteine zu generieren bzw. nutzen diese als Brennstoff, ähnlich der Energiegewinnung aus Fettreserven bei einem Kaloriendefizit. Ohne diesen Prozess lagert sich zellulärer Müll in der Zelle ab und behindert über kurz oder lang die reibungslose Funktionsweise der Zelle.
Der Autophagie Prozess
Die Autophagozytose ist also einerseits ein Notfallsystem in Hungerperioden und gleichzeitig auch ein essentieller Prozess für die Reinigung und Erneuerung der Zellen. Dieser Vorgang ist es auch, den man meint, wenn man umgangssprachlich von „Entschlackung“ spricht. Funktionierende Autophagozytose stellt einen Schutz vor Krankheiten wie Krebs, Demenz, Herzkrankheiten und bakteriellem Befall dar1. Entartete Zellen, Ablagerungen und bösartige Bakterien haben schlechte Chancen, sich anzuhäufen, da sie gleich im Anfangsstadium abgebaut werden.
Wie funktioniert Autophagie?
Forscher untersuchten zwei Gruppen von Mäusen, die unter den gleichen Bedingungen gehalten wurden und auch die exakt gleiche Futtermenge bekamen. Es gab nur einen Unterschied: Gruppe 1 wurde ständig in regelmäßigen kurzen Abständen gefüttert. Gruppe 2 bekam dieselbe Futtermenge innerhalb von wenigen Stunden verabreicht und musste dann den restlichen Tag fasten.
Das Ergebnis: Gruppe 1 wies durchgehend dicke, träge Mäuse auf, die verfrüht an einer Fettleber starben. Gruppe 2 bestand durchwegs aus schlanken, vitalen Mäusen, die eine lange Lebensspanne hatten. Experimente dieser Art wurden mit unterschiedlichen Organismen viele Male wiederholt und kamen immer zum selben Ergebnis. Was passiert da? Man hat herausgefunden, dass das Fasten bzw. Intervallfasten zu einem Prozess der zellulären Selbstreinigung führt2.
Aus solchen Experimenten geht deutlich hervor, dass längere Abstände zwischen den Mahlzeiten einen ganz erheblichen Vorteil auf die Vitalität und Lebensspanne des Organismus haben3. Die positiven Auswirkungen des Intervallfastens zeigen sich auch für den menschlichen Organismus. Die Erklärung ist folgende: zu häufiges Essen hemmt den Selbstreinigungsprozess der Zelle. Die Zelle „vermüllt“ regelrecht, wenn der Reinigungsprozess durch ständigen Energienachschub von außen verhindert wird4.
Autophagozytose durch Insulin gehemmt
Der konstant erhöhte Insulinspiegel durch zu häufiges Essen scheint die Zellreinigung zu hemmen. Insulin fördert die Speicherung von Nährstoffen in körpereigene Energiereserven. Bei dauernder Insulinausschüttung erhält der Körper ständig das Signal, dass ausreichend Energie von außen zugeführt wird und somit keine Selbstverdauung notwendig ist. Die Energiereserven werden nicht angezapft, sondern bleiben erhalten. Es kommt zur Anhäufung von Schadstoffen, was umgangssprachlich oft als „Verschlackung“ bezeichnet wird, und gleichzeitig besteht ein sehr hohes Risiko für Übergewicht5.
Wieso sind Abstände zwischen den Mahlzeiten wichtig?
Das häufige Essen in kurzen Abständen ist aus Sicht der Evolution völlig unnatürlich. Unser Körper ist erst seit relativ kurzer Zeit in der Menschheitsentwicklung damit konfrontiert. Der Mensch als Jäger und Sammler hatte immer kürzere oder längere Perioden des Nichtessens, in denen er oft viele Kilometer zurücklegen musste, um wieder auf Nahrung zu stoßen. Unser Stoffwechsel und Verdauungsapparat ist auf diese Lebensweise ausgerichtet – Bewegung kombiniert mit immer wiederkehrenden Phasen des Nichtessens.
Unter diesen Umständen kann die Selbstreinigung vollzogen werden und „Verschlackung“ sowie Übergewicht haben keine Chance.
Wann setzt die Autophagie ein?
Gegenstand aktueller Forschungen ist die Frage, ab wann das Autophagozytose beim Menschen beginnt. Es besteht ein direkter Zusammenhang mit einem konstant niedrigen Insulinspiegel6 und dem Beginn der Autophagie. Ein niedriger Insulinspiegel ist ein direkter Hinweis für den Körper, dass ein Energiemangel vorherrscht und auf Reserven zurück gegriffen werden muss. Lesen Sie hierzu unseren Fachartikel zum Thema Insulinspiegel und Abnehmen.
Aktuell wird das Einsetzen der Autophagie nach einem Nahrungsverzicht von 14 bis 17 Stunden angegeben. Natürlich hängt es davon ab, wie groß Ihre letzte Mahlzeit vor der Fastenperiode war und was sie an Nährstoffen/Kalorien enthielt. Außerdem beschleunigt Sport den Beginn der Zellreinigung. Im ungünstigsten Fall, wenn Sie also in der Fastenperiode keinen Sport machen und Ihre letzte Mahlzeit eine große Pizza inkl. Dessert und ein hochkalorisches Getränk (Bier, Limo etc.) war, kann es auch 20 Stunden dauern, bis Ihre Zellen das Reinigungsprogramm starten.
Autophagie fördern: Wie unterstütze ich den Autophagie Effekt?
- Fasten und Intervallfasten Autophagie (ab ca. 14 bis 17 Stunden; optimal sind regelmäßige Heilfastenkuren: siehe „Mein 7-Tage-Fastenprogramm„)
- Kalorienrestriktion (chronisches leichtes Kaloriendefizit bei ausgewogener Ernährung)
- Sport (sowohl Kraft- als auch Ausdauersport)
- Manche Nahrungsmittel und Substanzen: Grazer Forschern ist es gelungen, Nahrungsmittel und Substanzen zu identifizieren, die die zelluläre Müllabfuhr anschalten, obwohl der Organismus isst. Dazu gehören Kaffee und Lebensmittel mit hohem Spermidingehalt (siehe unten).
In meinem Buch „Einfach Fasten – Das große Praxisbuch“ führe ich Sie detailliert durch eine Heilfastenkur. Auch das Intervallfasten, Basenfasten, Scheinfasten, die F.-X.-Mayr-Kur sowie eine Leber-Darmreinigung leite ich darin an:
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Autophagie Auslöser Kaffee
Kaffee kann die Autophagozytose aktivieren, bestätigen die Wissenschaftler. Der wohlschmeckende Muntermacher ist mit einem pro Kopf-Verbrauch von rund 5,5 kg jährlich in Deutschland ein sehr beliebtes Getränk. Studien belegen, dass Kaffee bei verschiedenen metabolischen Erkrankungen, wie zum Beispiel Diabetes oder Störungen des Fettstoffwechsels, äußerst positive Auswirkungen hat. Hier lesen Sie mehr darüber.
Innerhalb von einer bis vier Stunden nach dem Konsum von Kaffee kommt es zu einer starken Ankurbelung der Reinigungsprozesse in allen untersuchten Organen. Dies gilt auch für entkoffeinierten Kaffee, das heißt, es liegt nicht am Koffein, sondern man vermutet, dass sekundäre Pflanzenstoffe, sogenannte Polyphenole im Kaffee, diese Wirkung haben.
Aber Vorsicht: tierisches Eiweiß hemmt die Autophagozytose wiederum, also keine Kuhmilch in den Kaffee geben! Nur schwarz oder mit einer pflanzlichen Alternative wie z. B. Mandelmilch genossen, fördert Kaffee die Selbstreinigung der Zellen.
Was ist Spermidin und wie wirkt es?
Spermidin ist eine Substanz, die eine erstaunliche Wirkung auf die Langlebigkeit von Organismen hat. Grazer Wissenschaftler rund um Prof. Frank Madeo haben mit dieser Entdeckung weltweit eine Welle von Anti-Aging Studien ausgelöst. Spermidin kommt in allen lebenden Organismen vor und spielt eine sehr wichtige Rolle beim Zellwachstum.
Die Konzentration an körpereigenem Spermidin nimmt mit zunehmendem Alter ab, so beginnt die Verringerung in der menschlichen Haut mit etwa 30 Jahren. Gesunde Hundertjährige haben eine auffallend hohe Konzentration von Spermidin im Blut. Es regeneriert unser Erbgut und wirkt entzündungs- und krebshemmend.
Wo ist Spermidin enthalten?
Zu den besonders spermidinreichen Lebensmitteln zählen:
- Weizenkeime
- frischer grüner Pfeffer
- Pilze
- Sojabohnen (v. a. fermentiert)
- Kürbiskerne und Nüsse
- reifer Käse
- Zitrusfrüchte (v. a. Grapefruit)
- Amarant
- Äpfel
- Brokkoli
- Blumenkohl
Wenn man Zellen Spermidin von außen zuführt, verhalten sie sich wie beim Fasten: Sie kurbeln die Autophagozytose kräftig an. Alternde Zellen und Organismen werden verjüngt und leben länger. Hefezellen, die in einem spermidinreichen Medium kultiviert wurden, lebten viermal und menschliche Immunzellen dreimal länger. Fruchtfliegen und Würmer, denen eine spermidinreiche Kost verabreicht wurde, hatten eine um 30 Prozent verlängerte Lebenszeit. Auch Mäuse lebten signifikant länger und zeigten weniger Alterserscheinungen – sie erhielten Spermidin mit dem Trinkwasser.
Der Vorteil dieses Kleinmoleküls ist, dass es sehr stabil ist, man kann es oral einnehmen, es kommt in allen Organen unverändert an und wird nicht von der Magensäure zerlegt. Durch seine lebensverlängernde Wirkung ist Spermidin ein großes Thema in der Anti-Aging-Forschung und auch bei der Entwicklung von Medikamenten gegen ernsthafte Krankheiten.
Autophagie aktivieren mit Spermidin
Bei einer vollwertigen, pflanzenbasierten Ernährung, in der die oben genannten Lebensmittel täglich vorkommen, haben Sie grundsätzlich eine gute Spermidinversorgung. Wenn Sie diese Lebensmittel allerdings nicht so häufig essen, kann ein spezieller Extrakt aus Weizenkeimen die Spermidinversorgung Ihrer Zellen gewährleisten. Besonders für ältere Menschen ist dies ratsam, da der Spermidingehalt der Zellen mit dem Alter absinkt und Spermidin vor allem auch gegen Altersvergesslichkeit und Demenz helfen könnte7.
Aufgrund der vielversprechenden Forschungsergebnisse der Grazer Wissenschaftler, kommen nun immer mehr Spermidinpräparate auf den Markt, teilweise jedoch in zweifelhafter Qualität. Kaufen Sie Spermidin am besten in der Apotheke, oder bei oder bei Online-Bestellungen wählen Sie einen seriösen Hersteller, um ein sicheres, kontrolliertes und wirksames Produkt zu bekommen.
Interview mit Fastenforscher Prof. Andreas Michalsen
In diesem Interview-Ausschnitt spricht Prof. Dr. Andreas Michalsen, einer der führenden Mediziner und Forscher auf den Gebieten der Ernährung und des Heilfastens, darüber, was in unserem Organismus passiert, wenn wir fasten. Ketose und Autophagozytose sind hier zentrale Mechanismen. Michalsen ist Internist und Professor für klinische Naturheilkunde an der Charité Berlin und am Immanuel Krankenhaus Berlin.
- Nutrition and longevity – From mechanisms to uncertainties. Ekmekcioglu C, Medical University of Vienna, Crit Rev Food Sci Nutr. 2019[↩]
- Metabolic Effects of Intermittent Fasting. Patterson RE, Sears DD. Annu Rev Nutr. 2017[↩]
- Autophagy in aging and disease. Filfan M et al. Rom J Morphol Embryol. 2017[↩]
- Effects of intermittent fasting on body composition and clinical health markers in humans. Tinsley GM, La Bounty PM. Nutr Rev. 2015[↩]
- Ribeiro, M.; López de Figueroa, P.; […]; Caramés, B. (2016), Insulin decreases autophagy and leads to cartilage degradation, Osteoarthritis and Cartilage, Volume 24, Issue 4, p. 731-739, https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1063458415013709.[↩]
- Bagherniya, M.; Butler, A. E.; Sahebkar, A. (2018), The effect of fasting or calorie restriction on autophagy induction: A review of the literature, Ageing Research Reviews, Volume 47, https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1568163718301478?via%3Dihub.[↩]
- Spermidine in health and disease. Madeo F, Eisenberg T, Pietrocola F, Kroemer G. Science. 2018[↩]
Bildquellen
- Autophagie durch Kaffee: Robert Neumann | Shutterstock.com
Mag. Sandra Exl hat ein abgeschlossenes Studium der Biologie, ist zertifizierte Heilfastenbegleiterin und Autorin des Buchs „Einfach Fasten“. Sie arbeitet als Redakteurin im Team von LPZ Publishing and Consulting LLC und schreibt über die Themen Heilfasten, Ernährung und gesunde Rezepte. Mit über 20 Jahren Fastenerfahrung und vielen beliebten YouTube-Videos über das Heilfasten ist sie im deutschsprachigen Raum eine der bekanntesten Fastenexpertinnen.